Im 1. Teil der SBZ-Reihe Reicht die Leistung von Wärmepumpen in Bestandsgebäuden aus? geht es um das vermeintliche Hauptausschlusskriterium der hohen Vorlauftemperaturen sowie die Ausgangslage für Wärmepumpen im zu sanierenden Gebäude.
Der 3. Teil Wärmepumpen: CO2-sparend und wirtschaftlich erläutert, wie Wärmepumpen ökologisch und ökonomisch bewertet werden.
Im 4. Teil Wärmepumpe: So entwickelt sie sich technologisch weiter geht es um zukünftige Weiterentwicklungen der Wärmepumpen sowie um Hybridanlagen.
Der 5. und letzte Teil Die Wärmepumpe im unsanierten Ein- und Mehrfamilienhaus zeigt an zwei Beispielen, wie Häuser, die nicht bzw. geringfügig saniert wurden, mit Wärmepumpen trotzdem gute Ergebnisse erreichen.
Die Frage, wie gut eine Wärmepumpe funktioniert, lässt sich anhand mehrerer Aspekte und Kennzahlen beantworten. In den meisten Fällen versteht man unter „wie gut“ im Grunde „wie effizient“. Die Effizienz wird zuerst im Labor unter bestimmten Arbeitsbedingungen ermittelt – konkret werden sogenannte „Leistungszahlen“ (COP-Werte) bestimmt. Anhand dieser Werte ist es möglich, unterschiedliche Wärmepumpenmodelle miteinander zu vergleichen.
Etwas anschaulicher für die Endnutzer sind die auf Grundlage der COP und unter Berücksichtigung konkreter Betriebsparameter berechneten Arbeitszahlen. Diese geben an, welche Effizienz bei bestimmten Außentemperaturen und Heizungstemperaturen zu erwarten ist. So ist es zum Beispiel möglich, die zukünftigen Betriebskosten der Anlage abschätzen.
Und schließlich gibt es auch die Effizienzwerte, die im Feld unter realen Bedingungen über einen bestimmten Zeitraum (meistens ein Jahr) gemessen werden. Diese Werte werden „Arbeitszahlen“ genannt und bilden die tatsächlich erreichte Effizienz der Anlagen ab. Die Klassifizierung der Effizienz-Kennzahlen ist in Bild 2 dargestellt.
So wurden durchschnittliche Effizienzwerte von Wärmepumpen im Betrieb ermittelt
Das Fraunhofer ISE hat im Laufe von 20 Jahren rund 300 im Einsatz befindliche Wärmepumpenanlagen vermessen und die Arbeitszahlen dieser Anlagen ermittelt. In Bild 3 werden die Ergebnisse aus zwei Projekten, die in Bestandsgebäuden durchgeführt wurden, dargestellt.
Die Projekte wurden im Abstand von ungefähr zehn Jahren umgesetzt. Die Verbesserung der mittleren Effizienzzahlen z. B. von 3,3 auf 4,1 bei Erdreich-Wärmepumpen lässt sich deswegen teilweise mit der technologischen Verbesserung der Geräte erklären. Ein weiterer Grund für die unterschiedlichen Ergebnisse ist ein anderer energetischer Zustand der untersuchten Gebäude.
Im ersten Projekt wurden überwiegend nicht sanierte Gebäude, die zu 90 % mit Heizkörpern beheizt wurden, untersucht. Im zweiten Projekt waren zwar alle Häuser zwischen 15 und 150 Jahre alt, aber einige waren teil- bzw. vollständig saniert worden. Alle Effizienzwerte wurden für Wärmepumpenanlagen ermittelt, die sowohl der Raumheizung als auch der Trinkwassererwärmung dienten. Auch der Strombedarf der zusätzlichen Elektroheizstäbe wurde bei der Berechnung der Werte berücksichtigt.
Im Zeitraum Juli 2018 bis Juni 2019 haben die 29 untersuchten Außenluft-Wärmepumpen Jahresarbeitszahlen (JAZ) von 2,5 bis 3,8 erreicht. Der Mittelwert lag bei 3,1. Zwei Ausreißer mit besonders guten JAZ in voll sanierten Häusern wurden bei der Berechnung nicht berücksichtigt.
Für die zwölf Erdreich-Wärmepumpen wurden JAZ zwischen 3,3 und 4,7, bei einem Mittelwert von 4,1, ermittelt. Bei den Erd-Wärmepumpen wurde ein negativer Ausreißer mit 1,8 nicht berücksichtigt.
Die erreichten Werte zeigen, dass die Wärmepumpen bereits beim heutigen Strommix in Deutschland einen geringeren CO2-Ausstoß verursachen als eine Gasheizung mit Solarthermie-Unterstützung. In einem späteren Teil der Serie wird dieses Thema näher beschrieben.
So beeinflussen Vorlauftemperaturen und Wärmeübergabesysteme Effizienz der Wärmepumpe
Diese hochaggregierten Werte vermitteln natürlich nur ein grobes Bild der untersuchten Wärmepumpenanlagen. Ein Beispiel für eine detailliertere Auswertung ist auf Bild 4 zu sehen. In der Grafik sind die jährlichen Effizienzergebnisse von 41 Luft/Wasser-Wärmepumpen während der Bereitstellung der Raumwärme dargestellt.
Für jede Anlage sind die erreichte Effizienz sowie die maximale (Tages-)Vorlauftemperatur zu erkennen. Die drei Farben symbolisieren unterschiedliche Wärmeübergabesysteme. Orange dargestellt sind Häuser mit Heizkörper, blau die Häuser mit Fußbodenheizung und grün sind die Anlagen mit gemischten Systemen.
Zuerst ist eine allgemeine Abhängigkeit zu erkennen – je niedriger die Vorlauftemperaturen, desto höher die Effizienz. Die theoretischen Überlegungen wurden also in der Praxis bestätigt. Und offensichtlich ist auch die zweite Annahme – die Heizungsanlagen mit Fußbodenheizung erreichen tendenziell höhere Effizienzwerte als Systeme, die höhere Vorlauftemperaturen benötigen – in der Realität nachzuweisen.
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass das Bild sehr differenziert ist. Die meisten Ergebnisse liegen zwischen den Effizienzwerten von 3 und 4. Der Mittelwert für alle Anlagen liegt bei 3,3. Sowohl Anlagen mit Fußbodenheizung als auch solche mit Heizkörpern erreichten ähnliche Effizienzwerte. Umgekehrt haben aber die sieben Anlagen, die mit einer sehr ähnlichen maximalen Vorlauftemperatur um 48 °C gearbeitet hatten, eine jährliche Effizienz von 1,5 bis 3,8 erreicht. Dies ist eine enorme Bandbreite, die auf andere Einflussfaktoren hindeutet.
Beispielsweise waren die Anlagen mit den auffällig niedrigen Effizienzwerten um 1,5 eher ältere Geräte und verfügten über eine sehr geringe Norm-Leistungszahl (COP-Wert). Entscheidend ist jedoch, dass bei diesen Anlagen aufgrund von Mängeln bei der Auslegung relativ häufig der Elektroheizstab zum Einsatz kommen musste.
Die Heizkreistemperaturen sind also nicht immer ausschlaggebend für die Effizienz der Anlagen. Diese Erkenntnis ist ermutigend für jene Fälle, bei denen relativ hohe Vorlauftemperaturen notwendig sind. Auch bei diesen Anlagen lässt sich eine gute Effizienz erreichen. Sie zeigt allerdings auch, dass nicht allein das Wärmeübergabesystem entscheidend ist, sondern ebenso die sorgfältige Planung, Installation und Einstellung der Wärmepumpenanlage.
Effizienzmittelwerte sind mindestens gut
Die Ergebnisse aus den Studien verdeutlichen, dass Wärmepumpen als Wärmeerzeuger auch in Bestandsgebäuden zuverlässig funktionieren und ökologisch vorteilhaft sind (dazu mehr in einem weiteren Teil der Serie). Die Geräte arbeiteten in der Regel einwandfrei. Im Betrieb kam es nur selten zu Störungen. Eine weitere Optimierung ist durch die in den letzten Jahren deutlich verbesserten Modelle bereits zu beobachten und auch zukünftig durch weitere Innovationen sicher möglich. Schon heute sind die Effizienzmittelwerte allerdings als mindestens gut zu betrachten.
Wie stark verringert der Einsatz eines Heizstabs die Effizienz von Wärmepumpen?
Heizungssysteme mit Wärmepumpen sind meistens mit einem direkt-elektrischen Heizstab ausgestattet. Üblicherweise übernimmt der Elektroheizstab die Wärmebereitstellung ab einer definierten Außentemperatur (zum Beispiel –5 °C, auch „Bivalenzpunkt“ genannt) – entweder allein oder parallel zur Wärmepumpe. Dadurch kann die erforderliche Größe (Leistung) von Außenluft-Wärmepumpen begrenzt werden.
Die geringere Größe verbessert zum einen die Wirtschaftlichkeit des Systems, zum anderen optimiert sie die Arbeit der Wärmepumpen bei höheren Außentemperaturen. Eine zu große Diskrepanz zwischen der Heizlast (Wärmebedarf) des Gebäudes und der Leistung der Wärmepumpe führt dazu, dass der Verdichter häufig eingeschaltet wird, was sich negativ auf dessen Lebensdauer auswirkt. Bei leistungsgeregelten Wärmepumpen, die ihre Leistung entsprechend den herrschenden Bedingungen anpassen können, passiert dies wesentlich seltener.
Im Vergleich zur Wärmepumpe hat der Heizstab eine deutlich schlechtere Effizienz. Die Grundannahme ist, dass elektrische Heizer eine Einheit elektrische Energie in eine Einheit Wärme umwandeln. Die meisten Wärmepumpen liefern dagegen zwischen drei und vier Einheiten Wärme pro Einheit elektrischer Energie. Sie sind also drei- bis viermal effizienter als die Heizstäbe.
Wie oft arbeiten Heizstäbe?
Kommt der Heizstab eines Wärmepumpensystems also häufig zum Einsatz, ist dies schlecht sowohl für die Betriebskosten als auch für die Ökologie. Häufig besteht gegenüber Wärmepumpen das Vorurteil, dass der Heizstab oft genutzt werden muss und die Heizkosten dadurch „explodieren“. Felduntersuchungen widerlegen diese Annahme eindeutig.
Das Bild 6 zeigt eine Querauswertung von insgesamt 266 im Feld untersuchten Wärmepumpenanlagen. Die 117 Luft/Wasser- und 149 Sole/Wasser-Wärmepumpen wurden in den letzten 15 Jahren im Rahmen von vier Forschungsprojekten getestet (jeweils zwei im Neubau und zwei im Gebäudebestand).
Aus 100 % elektrischer Energie (blaue Fläche) wurden 292 % Wärmeenergie bei den Außenluft- bzw. 382 % bei den Erdreich-Wärmepumpen (grüne Fläche) bereitgestellt. Das entspricht Effizienzwerten von 2,9 bzw. 3,8. Die orange Fläche bildet den Stromverbrauch der Heizstäbe ab.
Bei den Luft/Wasser-Wärmepumpen betrug der Anteil der von Heizstäben benötigten elektrischen Energie lediglich 2,8 %. Dabei ist zu beachten, dass bei ca. der Hälfte der Anlagen die Heizstäbe überhaupt nicht gearbeitet hatten (unabhängig davon, ob im Neubau oder Altbau).
Im diesem Monitoringprojekt in Bestandsgebäuden1) betrug die relative Heizstabarbeit bei Luft/Wasser-Wärmepumpen im Mittel lediglich 1,9 %. Ein signifikanter Betrieb des Heizstabs wurde nur bei falscher Einstellung, bei Defekten oder infolge eines Legionellenschutzes bei der Warmwasserbereitung festgestellt.
Bei den Erdreich-Wärmepumpen war der Heizstabeinsatz deutlich geringer als bei den Außenluftwärmepumpen und betrug im Schnitt lediglich 1,2 %. Bei ca. 75 % der Anlagen wurde gar keine Arbeit des Heizstabs festgestellt. Den Praktiker überraschen diese Werte nicht: Bei den Erdreichanlagen dient der Heizstab lediglich als Absicherung für den Fall eines Defekts.
Welche Kosten entstehen durch den Einsatz des Heizstabs?
Der Heizstab wird also in der Regel sehr selten eingesetzt. Aber welche Kosten können dadurch verursacht werden? Dies hängt von mehreren Faktoren ab. Für die folgenden Berechnungen wurde ein Haus mit 150 m² Heizfläche, einer Wärmepumpe mit einer Effizienz von 3,0 und ein Strompreis von 25 Cent pro kWh angenommen.
Vorausgesetzt, dass der Heizstabanteil 1 % beträgt, belaufen sich die jährlichen Kosten des Heizstabs bei einem nicht sanierten Altbau (Heizenergiebedarf von 150 kWh/m²a) auf 37,50 Euro. Bei einem Neubau (Heizenergiebedarf von 50 kWh/m²a) liegen sie bei 12,50 Euro!
Theorie und Praxis zeigen übereinstimmend, dass die Heizstabanteile im Betrieb von korrekt geplanten und ausgelegten Wärmepumpenanlagen 3 % nicht übersteigen. Ein größerer Anteil deutet in den meisten Fällen auf Optimierungspotenzial bei der Wärmepumpenanlage hin. Damit ist klar, dass der Einsatz des Heizstabs keinen relevanten Einfluss auf die Effizienz der Wärmepumpe hat.
Im nächsten Teil dieser Serie in der SBZ 7-21 werden zwei weitere wesentliche Fragen beantwortet. In Bezug auf die Rolle von Wärmepumpen im zukünftigen klimaneutralen Energiesystem geht es zunächst darum, wie ökologisch Wärmepumpen im Bestand arbeiten. Unmittelbar damit zusammen hängt die Frage: Wie hoch sind die zu erwartenden Heizkosten in Bestandsgebäuden?
Info
Artikelserie: Wärmepumpen im Bestand
In dieser Artikelserie werden die verschiedenen Argumente gegen den Einsatz von Wärmepumpen im Bestand analysiert und diversen Untersuchungsergebnissen gegenübergestellt. Basis dafür sind das Wissen und die Erfahrungen aus fast 20 Jahren Wärmepumpenforschung am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Dabei werden die folgenden Themenschwerpunkte behandelt:
● Teil 1: Vorlauftemperaturen und Anwendbarkeit im Bestand
● Teil 2: Monitoring-Ergebnisse und Heizstabeinsatz
● Teil 3: Ökologische und ökonomische Bewertung
● Teil 4: Technologische Entwicklung und Hybridanlagen → SBZ 08-21
● Teil 5: Einsatzbeispiele EFH und MFH → SBZ 09-21
Grundlage der Serie ist eine von der Stiftung Klimaneutralität beauftragte und von Marek Miara verfasste Blogreihe. Das Ziel dabei ist, Vorurteilen gegenüber dem Einsatz von Wärmepumpen im Bestand zu begegnen und eine Grundlage für die notwendigen Weichenstellungen für einen klimaneutralen Gebäudebestand zu schaffen.
Die Stiftung Klimaneutralität wurde gegründet, um in enger Kooperation
mit anderen Denkfabriken sektorübergreifende Strategien für ein klimagerechtes Deutschland zu entwickeln. Auf der Basis von guter Forschung will die Stiftung informieren und beraten – jenseits von Einzelinteressen.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Heftausgabe 06-2021 der SBZ unter dem Titel „Gute Effizienzwerte in der Praxis„ von Dr.-Ing. Marek Miara.