Mit 6,7 neu installierten Wärmepumpen pro 1000 Haushalte im Jahr 2022 liegt Deutschland in Europa auf dem drittletzten Platz. Mit 69 Promille führt Finnland.
Beim Wärmepumpenhochlauf wird Deutschland von seinen Nachbarn abgehängt: Die Bundesrepublik lag im Jahr 2022 bei den Absatzzahlen von Wärmepumpen pro 1000 Haushalte mit nur rund 7 Geräten (7 Promille) auf dem drittletzten Platz. Das zeigt die Statistik der European Heat Pump Association (EHPA), die auch Luft/Luft-Wärmepumpen berücksichtigt.
2022 haben in Finnland haben 69, in Norwegen rund 60 und in Schweden 39 von 1000 Haushalten eine Wärmepumpe eingebaut. Die rote Laterne trägt Großbritannien (2 Promille), Vorletzter ist Ungarn (4 Promille).
Dr. Kai Schiefelbein, Geschäftsführer von Stiebel Eltron: „In den skandinavischen Ländern unterstützt die Politik den Einsatz erneuerbarer Heiztechnik seit Jahren konsequent. Das günstige Verhältnis vom Strom- zum Gaspreis ist dabei ein wichtiger Erfolgsfaktor, der die Wärmepumpen-Heizungen für die Verbraucher attraktiv macht.“
Siehe auch: Die „Todeszone“ für die Wirtschaftlichkeit einer Wärmepumpe
Der Vergleich muss richtig eingeordnet werden
Den Abstand von Deutschland zur Spitzengruppe im EHPA-Ländervergleich muss man allerdings richtig einordnen. In Deutschland gab es Ende 2022 nach Angaben des Statistischen Bundesamts 40,9 Mio. Haushalte.
Somit hätten für eine Wärmepumpenquote von 69 Promille wie für Finnland ausgewiesen im Jahr 2022 in Deutschland 2,82 Mio. Wärmepumpen installiert werden müssen – deutlich mehr als in den letzten 10 Jahren insgesamt installiert worden sind. Beim Finnland-Tempo wären alle Heizungen im Bestand nach 7,5 Jahren ausgetauscht – und dann die Heizungsbauer arbeitslos?
Auch beim 39-Promille-Niveau von Schweden hätten im Jahr 2022 rund 1,60 Mio. Wärmepumpen eingebaute werden müssen. Alle Heizungen im Bestand wären dann nach 13,2 Jahren ausgetauscht.
Die Zahlen zeigen, dass die Länder aufgrund struktureller und heizungstechnischer Unterschiede offensichtlich nicht 1:1 vergleichbar sind oder in den Ländern an der Spitze besondere Effekte zu berücksichtigen sind, u. a. Heizungssysteme, die in die Statistik mit mehreren Wärmepumpen pro Heizungserneuerung eingehen. In Finnland waren zum Beispiel rund vier Fünftel der 2022 verkauften Wärmepumpen Luft/Luft-Wärmepumpen. Laut EHPA wurden in Europa im Jahr 2022 mit mehr als 3 Mio. Wärmepumpen verkauf, davon rund 1 Mio. Luft/Luft-Systeme. In den Ländern variiert der Anteil der Luft/Luft-Systeme erheblich. Norwegen und Finnland haben traditionell einen sehr hohen Anteil bei Luft/Luft-Systemen. In Norwegen waren es im Jahr 2021 rund 95%. Das Wachstum in Europa findet allerdings seit etwa 2019 insbesondere im Bereich Luft/Wasser-Systeme und damit auch von Deutschland getrieben statt.
Bezieht man das deutsche Zubauziel von 500 000 Heizungs-Wärmepumpen pro Jahr auf die Anzahl der Haushalte, dann ergibt sich eine Quote von 12,2. Mit 6,7 ist Deutschland noch nicht am Ziel, aber auch nicht so abgeschlagen wie es der EHPA-Ländervergleich auf den ersten Blick vermuten lässt.
Viele Gas-Heizungen im Jahr 2023 erneuert
In Deutschland boomt zwar der Gesamtmarkt für neue Heizungen – von Januar bis September 2023 entschieden sich mehr als eine Million Eigentümer für eine Heizungsmodernisierung. Aufgrund der langen Debatte um das Heizungsgesetz wollten offenbar viele Eigentümer den neuen gesetzlichen Anforderungen an den Klimaschutz zuvorkommen.
In der Folge wurden bis Ende September 2023 in Deutschland 625 000 Gas-Heizungen verkauft, ein Plus von 38 % zum Vorjahreszeitraum, der allerdings für Gas-Heizungen schwach ausfiel (rund − 10 %). Schiefelbein: „Eine fatale Entwicklung, wenn man bedenkt, dass diese fossilen Wärmeerzeuger nun voraussichtlich die nächsten 15 bis 25 Jahre in Betrieb sind – nicht nur für die deutschen Klimaziele, sondern auch für die Endverbraucher, die künftig mit hohen Gaspreisen rechnen müssen.“
Siehe auch: Esken liegt richtig: Neue Gas-Heizung in 2023 war unvernünftig
Wärmepumpen-Absatz steigt in 2023…
Mit + 86 % ist der Anstieg bis Ende September 2023 bei Heizungs-Wärmepumpen ebenfalls sehr dynamisch gestiegen (Absatz Januar bis September 2023: 295 000 Stück). Im Detail zeigt sich allerdings, dass die Förderantragstellung für den Einbau einer Heizungs-Wärmepumpe im Bestand seit mehreren Monaten rückläufig ist, auch wenn man Sondereffekte im Sommer 2022 durch eine angekündigte Änderung des Förderprogramms berücksichtigt.
…und wird 2024 wohl wieder schrumpfen
Schiefelbein: „Der Heizungsmarkt in Deutschland dürfte sich insgesamt im Jahr 2024 normalisieren. Der Wärmepumpenmarkt wird bei dieser Entwicklung im Vergleich zu diesem Jahr ungefähr um ein Drittel schrumpfen, so unsere Prognose. Hinweise darauf sehen wir heute schon bei den Handwerkern, bei denen der enorme Auftragsbestand von fast einem Jahr auf zwei bis drei Monate gesunken ist.“
Das Ziel: Bis 2045 klimaneutrale Gebäude
Für das Ziel, die Wärmewende bei der Beheizung von Gebäuden bis zum Jahr 2045 zu vollziehen, braucht es mehr Tempo. Zwar ist die Wärmepumpe im Neubau bereits die Standardheizung, aber im Gebäudebestand ist der Nachholbedarf riesig: Von den 21,6 Mio. Wärmeerzeugern in Deutschland werden nach BDH-Schätzung mehr als 14 Mio. mit Erd- und Flüssiggas (LPG) und gut 5 Mio. mit Heizöl betrieben. Nur 23 % davon werden als effizient eingestuft und nutzen gleichzeitig anteilig erneuerbare Energie.
Schiefelbein: „Die europäischen Nachbarn machen es vor: Es gilt jetzt, den von der Politik eingeschlagenen Weg konsequent fortzuführen und die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Wärmewende bis 2045 weiter auszugestalten.“
Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) und der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) haben die Regierungsfraktionen aufgefordert, kurzfristig für eine Entlastung beim Strompreis zu sorgen, um das von der Bundesregierung gesteckte Ziel von 500 000 Wärmepumpen pro Jahr ab 2024 zu erreichen. ■
Quelle: Stiebel Eltron / jv
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