Der Bundesrat hat der Zweiten Verordnung zur Novellierung der Trinkwasserverordnung mit Änderungen zugestimmt. Sie wird kurzfristig in Kraft treten.
Kurz bevor die Länder im Bundesrat der Zweiten Verordnung zur Novellierung der Trinkwasserverordnung mit Änderungen zugestimmt haben, gab es für Deutschland und 19 andere EU-Staaten noch eine Mahnung, weil sie der EU-Kommission nicht fristgemäß mitgeteilt haben, wie sie die EU-Trinkwasserrichtlinie in nationales Recht umgesetzt haben. Das sogenannte Aufforderungsschreiben ist die erste Stufe in einem höchstens dreistufigen Vertragsverletzungsverfahren. Die überarbeitete Trinkwasserrichtlinie enthält u. a. aktualisierte Sicherheitsnormen und verpflichtet die EU-Staaten, den Zugang zu Trinkwasser für alle sicherzustellen. Die EU-Staaten hätten sie bis zum 12. Januar 2023 in ihr nationales Recht umsetzen und der Kommission ihre jeweiligen Umsetzungsmaßnahmen mitteilen müssen.
Die neue Trinkwasserverordnung nimmt mit einer Vielzahl von Anpassungen die Änderungen der seit 2021 geltenden EU-Trinkwasserrichtlinie auf. Aus Sicht des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) wird die neue Trinkwasserverordnung in vielen Punkten den Anforderungen der Branche an ein modernes Trinkwassermanagement gerecht.
Risikomanagement
Erstmals schreibt die Verordnung verpflichtende umfassende Regelungen zur Gefährdungsanalyse und Risikoabschätzung für die Wasserversorgung vom Rohwasser bis zur Entnahmearmatur bei den Verbrauchern und Verbraucherinnen fest.
Berthold Niehues, Leiter Wasserversorgung beim DVGW: „Wir begrüßen den umfassenden risikobasierten Ansatz. Er ist seit vielen Jahren im DVGW-Regelwerk etabliert. Durch die neuen Regelungen der Trinkwasserverordnung wird sichergestellt, dass nun auch die Untersuchungspläne künftig passgenau auf die jeweilige Wasserversorgungsanlage ausgelegt werden können.“
Neue und geänderte Qualitätsparameter
Zu den neu eingeführten Parametern, auf die die Wasserversorgungsunternehmen das Trinkwasser untersuchen müssen, gehören beispielsweise PFAS. Diese Ewigkeitschemikalien werden nicht vollständig abgebaut. Sie reichern sich in der Umwelt und im Körper von Menschen und Tieren an und können dort zu toxikologischen Schäden führen. Wasserversorger müssen PFAS gegebenenfalls mit hohem technischem Aufwand herausfiltern; manche Versorgungsunternehmen investieren jetzt schon zweistellige Millionenbeträge. Diese Kosten sind letztlich von den Verbrauchern zu tragen.
Niehues: „End-of-Pipe-Ansätze sind definitiv keine Lösung. Die forcierte Aufbereitung des Trinkwassers würde das Problem nur einseitig auf die Wasserversorgung verlagern und ihr allein den Schwarzen Peter zuschieben. Stattdessen muss nun endlich eine europaweite oder besser weltweite Reglementierung für PFAS greifen. Ihre Herstellung und Anwendung müssen auf wenige essenzielle Zwecke beschränkt sein. Ziel muss eine Vermeidung dieser Stoffe bereits an der Quelle der Verschmutzung sein. Diese Stoffe dürfen gar nicht erst in die Umwelt gelangen.“
Siehe auch: BDH zu Bericht über PFAS-Chemikalien in Wärmepumpen
Grenzwerte für Legionellen und Blei
Andere Parameterwerte wurden geändert. Zwei Beispiele: Der Grenzwert, den die EU-Trinkwasserrichtlinie erstmals für Legionellen festlegt, unterscheidet sich vom deutschen Wert. Dies wird zu Änderungen im deutschen Trinkwasserrecht für den Bereich der Trinkwasser-Installationen führen.
Der Grenzwert für Blei wird nochmals herabgesetzt, sowohl im Trinkwasser als auch in den verwendeten Materialien und Werkstoffen. Zudem wird es ein Verbot von noch vorhandenen Bleileitungen geben. Bisher konnten Bleileitungen in der Versorgung belassen werden, solange der Grenzwert nicht überschritten wurde. Jetzt müssen die noch vorhandenen Bleileitungen innerhalb einer gewissen Frist stillgelegt oder ausgetauscht werden.
Der DVGW behandelt alle Aspekte der neuen Trinkwasserverordnung in einer Informationsreihe, die mit einer Auftaktveranstaltung am 19. April 2023 startet. Informationen und Anmeldung unter: www.dvgw-kongress.de/trinkwasserverordnung
Neben 46 Änderungen, die der Bundesrat als Maßgabe zur Zustimmung beschlossen hat, haben die Länder auch acht Entschließungen gefasst. Unter anderem bittet der Bundesrat die Bundesregierung, auf europäischer Ebene darauf hinzuwirken, dass bei der Überwachung der Trinkwasser-Installation durch das Gesundheitsamt auch für Parameter, von denen anzunehmen ist, dass sie sich in der Trinkwasser-Installation nachteilig verändern können, anstelle von repräsentativen Untersuchungen für das Wasserversorgungsgebiet der risikobasierte Ansatz ermöglicht wird. ■
Quelle: EU-Kommission, DVGW, Bundesrat / jv
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